Seit dem Jahr 2011 ist die Inklusion im Masterplan der Schulentwicklung bundesweit auf der Agenda, denn seit 2009 gilt in Deutschland die UN-Konvention für Behindertenrechte, laut derer kein Kind mit körperlicher oder geistiger Behinderung vom Unterricht der Regelschule ausgeschlossen werden darf.
„Inklusion ist eine Entwicklungsaufgabe, die in die ständige Qualitätsentwicklung jeder Schule eingebettet ist. Schulen mit einer inklusiven Schulkultur sind bestrebt, alle Schülerinnen und Schüler, die sie aufgenommen haben, bestmöglich zu fördern, sie bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen und ihnen dadurch die aktive und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.“[1]
Auch an der Heinrich-Grupe-Schule werden Schülerinnen und Schüler, die in unterschiedlichen Bereichen eine stärkere Unterstützung brauchen, in den Schulalltag der Regelschule eingebunden und können so in ihrem seit dem Kindergarten gewohnten sozialen Umfeld bleiben. Für jedes inklusiv beschulte Kind gibt es einen individuellen Förderplan, der regelmäßig mit allen Beteiligten besprochen wird. Alle zwei Jahre tritt ein Förderausschuss zusammen, dessen Aufgabe die Überprüfung des Anspruchs auf sonderpädagogische Förderung ist.
Die inklusive Beschulung ist festgelegt in der „Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen“ (VOSB), in der auch die einzelnen Förderschwerpunkte beschrieben werden.
Inklusion gelingt nur im offenen Umgang mit der Thematik, durch Wissen und Transparenz. Deshalb sollen an dieser Stelle die einzelnen Förderschwerpunkte auf der Basis der VOSB kurz dargestellt werden.
Förderschwerpunkte
- Im Förderschwerpunkt Sprachheilförderung werden Unterricht und Erziehung auf sprachheilpädagogischer Grundlage so gestaltet, dass schweren Sprachbeeinträchtigungen und ihren Auswirkungen begegnet werden kann.
- Im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung werden Schülerinnen und Schüler gefördert, deren emotionale und soziale Möglichkeiten noch weiterzuentwickeln sind, wenn alle vorbeugenden oder intervenierenden Maßnahmen der allgemeinen Schule nicht in dem Maße greifen, dass eine Beeinträchtigung und Selbst- sowie Fremdgefährdung vermieden werden können.
- Im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung werden Schülerinnen und Schüler gefördert, die wegen einer Schädigung des Stütz- und Bewegungssystems, einer anderen organischen Schädigung oder einer chronischen Krankheit so in ihren Bewegungs- und Verhaltensmöglichkeiten sowie im Lernen beeinträchtigt sind, dass die Selbstverwirklichung in sozialer Interaktion erschwert ist.
- Im Förderschwerpunkt Sehen werden sehbehinderte Schülerinnen und Schüler gefördert, deren Sehvermögen in der Regel auf ein Drittel bis ein Zwanzigstel der Norm reduziert ist oder deren Lernmöglichkeiten aufgrund einer Verarbeitungsstörung der visuellen Reize beeinträchtigt sind und die aus diesen Gründen besonderer Hilfen bedürfen, sowie blinde Schülerinnen und Schüler, die über kein Sehvermögen verfügen oder darin so stark beeinträchtigt sind, dass sie sich auch nach optischer Korrektur inihren Lebensbezügen wie blinde Menschen verhalten.
- Im Förderschwerpunkt Hören werden Schülerinnen und Schüler gefördert, deren Lernmöglichkeiten und Sprachentwicklung aufgrund eines peripheren Hörverlustes beeinträchtigt sind und die unterschiedlicher Wege der Kommunikation bedürfen.
- Im Förderschwerpunkt kranke Schülerinnen und Schüler werden Schülerinnen und Schüler mit Zustimmung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte gefördert, die in eine Klinik oder eine ähnliche Einrichtung stationär oder teilstationär aufgenommen werden und daher am Besuch ihrer allgemeinen Schule gehindert sind.
- Im Förderschwerpunkt Lernen werden Schülerinnen und Schüler unterrichtet, die die Lernziele der allgemeinen Schule nicht erreichen werden. Sie werden nach einem eigenen Bildungsgang unterrichtet. Der Bildungsgang schließt mit dem Berufsorientierten Abschluss als Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt ab, soweit nicht der Übergang in den Bildungsgang einer allgemeinen Schule möglich ist.
- Im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden Schülerinnen und Schüler mit einer umfassenden, schweren und lang andauernden Lernbeeinträchtigung unterrichtet. Unterricht und Erziehung in diesem Bildungsgang berücksichtigen die individuelle Lernausgangslage in besonders starkem Maße. Im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden Schülerinnen und Schüler nach eigenen Richtlinien für diesen Förderschwerpunkt unterrichtet. [2]
An der HGS werden derzeit Schülerinnen und Schüler in den Förderschwerpunkten körperliche und motorische Entwicklung, Hören, Lernen, geistige Entwicklung und emotional-soziale Entwicklung gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen und Klassenkameraden in allen drei Bildungsgängen beschult. Je nach Förderschwerpunkt findet die Beschulung zielgleich mit den Anderen gemäß des Lehrplanes des jeweiligen Bildungsganges statt oder aber die inklusive Beschulung wird zieldifferent auf der Basis des Lehrplanes für den Förderschwerpunkt durchgeführt.
Der Unterricht erfolgt für alle Schülerinnen und Schüler in ihren fest zugeordneten Klassen. Die Schülerinnen und Schüler (und natürlich auch die Lehrkräfte) werden unterstützt von einer der Schule zugeordneten Förderschullehrkraft des Beratungs- und Förderzentrums. In unserem Fall ist dies die Käthe-Kollwitz-Schule in Hofgeismar, von wo die Förderschullehrkräfte an die inklusiv arbeitenden Schulen (38 Grundschulen und vier Gesamtschulen) in einen Teil des Landkreises Kassel entsandt werden.
Die inklusive Beschulung steckt nach wie vor in den Kinderschuhen, doch lässt sich an der HGS sagen, dass alle Beteiligten – Schülerinnen und Schüler, Eltern und eine überaus engagierte und interessierte Lehrerschaft dazu betragen, professioneller zu werden und Inklusion gelingen zu lassen. Denn letztendlich bedarf Inklusion einer Veränderung der Haltung. Es geht in der Schule nicht mehr nur darum, wie Schülerinnen und Schüler einer bestimmten Norm entsprechen und den Anforderungen eines bestimmten Bildungsganges gerecht werden, sondern es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ALLEN Schülerinnen und Schülern ein erfolgreiches Lernen nach ihren individuellen Voraussetzungen ermöglichen.
Stefanie Kurzenknabe
[1] https://kultusministerium.hessen.de/schule/individuelle-foerderung/inklusion
[2] https://kultusministerium.hessen.de/schule/schulrecht/individuellesonderpaedagogische-foerderung (link zur VOSB)