Grebenstein. Mit dem hessischen Kultusminister diskutieren, das ist nicht alltäglich. Schülerinnen und Schüler der Heinrich-Grupe-Schule hatten am vergangenen Donnerstag Gelegenheit dazu. Während einer „Doppelstunde mit dem Kultusminister“ stellten sie Fragen, die Prof. Dr. Alexander Lorz, zugeschaltet aus seinem Ministerbüro, beantwortete.
Im vergangenen Jahr hatte das Kultusministerium diese noch junge Reihe ins Leben gerufen, um sich ein Bild vom Alltag während dieser besonderen Situation in den Schulen zu verschaffen. Martina Boye-Griesel, Schulleiterin der HGS, nutzte die Chance, sich dafür zu bewerben und hatte Glück: Die HGS wurde ausgewählt, als hessenweit 3. Schule.
Verschiedene Klassen und einzelne Schüler beteiligten sich mit jeder Menge Fragen. Viele davon ähnelten sich und zeigten, welche Themen den Jugendlichen wichtig sind. Konzepte zum Wechselunterricht, zur Leistungsbewertung, zum Lüften in den Schulen standen ebenso auf der Liste wie der Wunsch nach Informationen zur Durchführung von Klassenfahrten oder Praktika. Die Schüler äußerten sich durchaus kritisch, wollten zum Beispiel wissen, warum die Schulen trotz steigender Fallzahlen erst im Dezember geschlossen wurden, warum es im Herbst keinen Wechselunterricht gegeben habe, wie die Teststrategie aussehen werde oder wie die Situation in den Schulbussen mit der geplanten Schulöffnung entschärft werden könne.
Lorz beantwortete jede Frage ausführlich, ging dabei auf die Schüler ein, warb um Verständnis und verbreitete Optimismus. So stellte er in Aussicht, dass mit fortschreitenden Impfungen mehr Normalität einkehren werde und dass im kommenden Schuljahr eine Rückkehr zum gewohnten Unterricht denkbar sei, ebenso wie Klassenfahrten oder Praktika: „Für euch gibt es noch keinen Impfstoff, aber wenn genug Erwachsene geimpft sind, seid ihr auch geschützt und hoffentlich wird es für euch auch einen Impfstoff geben.“ Er drückte dabei seine Hoffnung aus, dass es nicht wieder zu Schulschließungen kommen solle, verwies aber auf die Unberechenbarkeit des Virus: „Wir sehen, dass das Infektionsgeschehen sehr unterschiedlich ist, wir brauchen die Möglichkeit, flexibel zu reagieren.“ Der Familienvater verdeutlichte, wie betroffen er selbst vor einem Jahr von der 1. Schließung der Schulen war: „Das war für mich ein Schock, ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas machen muss.“
Humor kam trotz der ernsten Themen nicht zu kurz. Als Lauritz Böhm aus der G8b den Kultusminister zur Digitalisierung befragen wollte, bekam er keine Internetverbindung. Sein Mitschüler Lion Rausch übernahm und fragte, warum Menschen eine Marslandung beobachten können, Nordhessen aber immer noch nicht mit stabilem Internet ausgestattet sei. Deutschland habe noch keine Mond- oder Marslandung realisiert, reagierte Lorz daraufhin und schilderte, dass beim Thema Internet in Deutschland bislang große Zurückhaltung geherrscht habe. Dies ändere sich jedoch gerade und er zeigte sich zuversichtlich, dass in nächster Zukunft eine flächendeckende Versorgung nicht nur in Nordhessen zu erwarten sei.
Neben Fragen rund um Schule und Corona zeigte sich der Südhesse auch offen für Privates. Einem Schüler berichtete er, dass er in einem normalen Doppelhaus lebe und auch keinen Personenschutz habe.
Die 90 Minuten vergingen zu schnell, einige Fragen konnten in der begrenzten Zeit nicht gestellt werden. Am Ende herrsche bei den Teilnehmern das Gefühl vor, ernst genommen worden zu sein. Bennet Braun aus der R10b „fand es gut, dass er sich die Zeit genommen hat. Auch wenn man selbst seine Frage nicht stellen konnte, war es interessant.“
Laut Pressestelle des Kultusministeriums werden die Beiträge ernst genommen und fließen in die Arbeit der Behörde ein. Am Ende der Doppelstunde lud Schulleiterin Boye-Griesel den Kultusminister zum Ortstermin ein. Der 55-Jährige versprach sein Kommen. Dann solle es auch die Gelegenheit zu weiteren Gesprächen mit Schülern geben.
Susann Adam